Moderne Wettbewerbsgurtzeuge weisen immer ausgefeilter profilierte Heckflossen auf. Vor allem im Schnellflug bringt das große aerodynamische Vorteile.
Viele Piloten gehen noch von der (falschen) Annahme aus, dass eine nach vorne gestreckte Beinverkleidung den Luftwiderstand eines Gurtzeuges wesentlich verringert. Doch dem ist nicht so. Egal ob Sitz- oder Liegegurtzeug: Stets wird sich der Luftstrom vor dem Piloten irgendwie stauen und muss dann um dieses Hinderniss herum gelenkt werden. Die Menge der gestauten Luft hängt hauptsächlich von der Stirnfläche ab, die ein Pilot samt Gurtzeug dem Fahrtwind bietet. Und da moderne Liegegurtzeuge (konträr zu ihrem Namen) heute in ähnlich aufrechter Sitzposition geflogen werden wie offene Gurtzeuge, gibt es da kaum Unterschiede.
Viel entscheidender für die Aerodynamik ist das, was sich im Rücken des Piloten abspielt. Dort muss die umfließende Luft wieder, von allen Seiten kommend, zusammentreffen. Dabei entstehen Wirbel und Turbulenzen. Je stärker die Wirbel und Turbulenzen sind, desto größer wird der induzierte Widerstand des Gurtzeugs. Die Wirbel wirken wie ein Sog, der den Piloten zurückhält und damit auch die Gleitleistung schmälert. Besonders ausgeprägt ist das im Schnellflug, da der Widerstand mit dem Quadrat der Geschwindigkeit wächst.
Als Abhilfe haben verschiedene Gurtzeughersteller schon vor einigen Jahren damit begonnen, zumindest ihre Wettbewerbsgurtzeuge mit mehr oder weniger ausladenden Heckflossen auszustatten. Sie sollen den umfließenden Luftmassen gewissermaßen geordnete Bahnen vorgeben, auf denen sie wieder zusammenfließen, ohne allzu stark zu verwirbeln.
Länge läuft
Was mit kleinen Heck-Bürzeln begann, hat sich mittlerweile zu weit ausladenden, staudruck-gefüllten Konstruktionen mit etlichen, eingenähten Profilrippen weiterentwickelt. Fast hat man den Eindruck, als wäre ein Wettbewerb á la "wer hat das größte/längste Heck" ausgebrochen. Sol beispielsweise hat seinem erst kürzlich präsentierten Gurtzeug-Modell CX Max eine Flosse spendiert, die nach hinten fast soweit auskragt wie der Beinsack nach vorn.
Es ist wie bei schnellen Ruder-Rennbooten: Länge läuft, heißt es da. Zugleich gilt aber auch, dass das Verhältnis von Länge zu Breite eine Rolle spielt. Ein langer und zugleich schmaler Rumpf wird widerstandsärmer durchs Wasser gleiten. Bei der Konstruktion des neuen Impress 4 von Advance etwa scheint auch dieser Gedanke Pate gestanden zu haben. In der Draufsicht offenbart es ein besonders schlankes Profil.
In Zukunft ist zu erwarten, dass die aerodynamische Optimierung der Renn-Gurtzeuge noch weiter geht. Heute spielen die Schirme in der CCC-Klasse leistungsmäßig alle in einer sehr ähnlichen Liga – auch weil es immer schwerer wird, sie aerodynamisch noch weiter zu verfeinern (zumal schon kleine Abweichungen von der idealen Leinen-Trimmung den Fortschritt schnell zunichte machen). Auf der Suche nach einem möglichen Vorteil rücken die Gurtzeuge in den Fokus. Gerade im Schnellflug ließe sich mit einer besser profilierten Heckflosse viel leichter das eine oder andere Zehntel bei der Gleitzahl herausholen, was dann im Vollgas-Endanflug den vielleicht entscheidenden Unterschied ausmacht.
Heckflossen-Tuning
Wohin die Reise gehen könnte, zeigt der vietnamesische PWC-Pilot Bach Le Hoang. Er hat damit begonnen, für verschiedene, bestehende Wettbewerbsgurtzeuge neue, verbesserte Heckspoiler zu entwerfen, wie er auf seiner Facebook-Seite schreibt. Dabei arbeitet er mit 3D-CAD-Programmen und Strömungssimulationen im Rechner.
Allerdings ist nicht nur die Länge entscheidend. Auch die Form der Kiel-Linie, das Aufragen des Spoilers hinter dem Kopf des Piloten sowie die Dicke des Profils der Flosse im Verhältnis zum "Vorbau" des Gurtzeuges spielen eine wichtige Rolle. Selbst die Neigung eines Gurtzeuges im Verhältnis zum Flugpfad hat Einfluss darauf, welche Heckflossenform zu bevorzugen wäre.
Gurtzeugbau wird damit zur Wissenschaft. Vielleicht ist es in einigen Jahren soweit, dass Wettbewerbspiloten sich die Heckbürzel ihrer Gurtzeuge von Tuning-Schmieden auf ihren persönlichen Flugstil und ihre Körpermaße hin optimieren lassen. Bach Le Hoang hat sich für sein Gurtzeug (Exoceat von Ozone) schon einen Spoiler in gepimpter Fassung selbst genäht.
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Strömungssimulation an einem Gurtzeug mit vergrößertem Heckbürzel. // Quelle: Bach Le Hoang |
Viele Piloten gehen noch von der (falschen) Annahme aus, dass eine nach vorne gestreckte Beinverkleidung den Luftwiderstand eines Gurtzeuges wesentlich verringert. Doch dem ist nicht so. Egal ob Sitz- oder Liegegurtzeug: Stets wird sich der Luftstrom vor dem Piloten irgendwie stauen und muss dann um dieses Hinderniss herum gelenkt werden. Die Menge der gestauten Luft hängt hauptsächlich von der Stirnfläche ab, die ein Pilot samt Gurtzeug dem Fahrtwind bietet. Und da moderne Liegegurtzeuge (konträr zu ihrem Namen) heute in ähnlich aufrechter Sitzposition geflogen werden wie offene Gurtzeuge, gibt es da kaum Unterschiede.
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Das neue Sol CX Max mit wuchtiger Heckflosse. // Quelle: Sol |
Als Abhilfe haben verschiedene Gurtzeughersteller schon vor einigen Jahren damit begonnen, zumindest ihre Wettbewerbsgurtzeuge mit mehr oder weniger ausladenden Heckflossen auszustatten. Sie sollen den umfließenden Luftmassen gewissermaßen geordnete Bahnen vorgeben, auf denen sie wieder zusammenfließen, ohne allzu stark zu verwirbeln.
Länge läuft
Was mit kleinen Heck-Bürzeln begann, hat sich mittlerweile zu weit ausladenden, staudruck-gefüllten Konstruktionen mit etlichen, eingenähten Profilrippen weiterentwickelt. Fast hat man den Eindruck, als wäre ein Wettbewerb á la "wer hat das größte/längste Heck" ausgebrochen. Sol beispielsweise hat seinem erst kürzlich präsentierten Gurtzeug-Modell CX Max eine Flosse spendiert, die nach hinten fast soweit auskragt wie der Beinsack nach vorn.
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Advance Impress 4: Schlank wie ein Ruder-Rennboot. // Quelle: Advance |
In Zukunft ist zu erwarten, dass die aerodynamische Optimierung der Renn-Gurtzeuge noch weiter geht. Heute spielen die Schirme in der CCC-Klasse leistungsmäßig alle in einer sehr ähnlichen Liga – auch weil es immer schwerer wird, sie aerodynamisch noch weiter zu verfeinern (zumal schon kleine Abweichungen von der idealen Leinen-Trimmung den Fortschritt schnell zunichte machen). Auf der Suche nach einem möglichen Vorteil rücken die Gurtzeuge in den Fokus. Gerade im Schnellflug ließe sich mit einer besser profilierten Heckflosse viel leichter das eine oder andere Zehntel bei der Gleitzahl herausholen, was dann im Vollgas-Endanflug den vielleicht entscheidenden Unterschied ausmacht.
Heckflossen-Tuning
Wohin die Reise gehen könnte, zeigt der vietnamesische PWC-Pilot Bach Le Hoang. Er hat damit begonnen, für verschiedene, bestehende Wettbewerbsgurtzeuge neue, verbesserte Heckspoiler zu entwerfen, wie er auf seiner Facebook-Seite schreibt. Dabei arbeitet er mit 3D-CAD-Programmen und Strömungssimulationen im Rechner.
Allerdings ist nicht nur die Länge entscheidend. Auch die Form der Kiel-Linie, das Aufragen des Spoilers hinter dem Kopf des Piloten sowie die Dicke des Profils der Flosse im Verhältnis zum "Vorbau" des Gurtzeuges spielen eine wichtige Rolle. Selbst die Neigung eines Gurtzeuges im Verhältnis zum Flugpfad hat Einfluss darauf, welche Heckflossenform zu bevorzugen wäre.
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